Annika Walter ist in Rostock geboren und aufgewachsen. Die Meisten kennen sie wohl noch als Turmspringerin mit Olympiamedaille. Sie hatte mehrere Angebote Rostock zu verlassen, doch sie ist geblieben. Die Stadt ist für sie durch die Universität Rostock liberal genug und zudem ihr Zuhause. Um vom Alltag mit eigenem Yogastudio in Reutershagen und Künstlicher Intelligenz abzuschalten, lässt sie ihren Schrebergarten wild wachsen oder macht sich ab und an auf den Weg nach Warnemünde, um ab Höhe Gespensterwald den Strand zu genießen.
Wasser ist eine durchsichtige Flüssigkeit, die weitgehend farblos ist. Das kann man von der ehemaligen Turmspringerin Annika Walter nicht sagen, deren Element jahrelang das Wasser war. Die gebürtige Rostockerin hatte 1996 bei den Olympischen Spielen in Atlanta die Silbermedaille beim Sprung vom 10 Meter Turm geholt. Die Zeiten ihrer Springerkarriere sind bereits seit 2001 vorbei. Damals besiegelte sie ihr Profidasein mit einem 4. Platz in Perth bei den Olympischen Spielen und mit einem 7. Platz bei der Europameisterschaft in Japan. Also ein Ende mit Sternchen und einem Klopfen auf die Schulter. Wie ging es weiter? Annika trieb ihr Unwesen in Rostock und eröffnete 2001 das Café Kiwi Am Wendländischen Schilde. „Eigentlich wollte ich keine Kneipe aufmachen. Ich war damals mit jemanden zusammen, über den das kam. Ich hatte ja auch schon meinen Ausstieg beim Sport geplant und bin dann dort irgendwie hängen geblieben. Das Kiwi lief bis 2009, dann wurde ich schwanger. Kind und Kneipe geht einfach nicht. Ich hatte zu 85 Prozent damals Stammpublikum, dadurch habe ich einen guten Einblick in das Leben der Menschen bekommen. Es waren gute Gespräche. Wenn ich zurück blicke, vermisse ich es überhaupt nicht. Ich bin ein Jetzt-Mensch und schaue nicht nostalgisch zurück. Jetzt mache ich auch ziemlich coole Sachen.“
Aktuell hat Annika zwei Standbeine. Eines davon ist ihr Leben als Yogalehrerin in ihrem Studio in Reutershagen. Dort bietet sie einen Übungsmix an, der inspiriert wurde durch Wasserspringen, Yoga, Pilates und klassischen Fitnessmoves. „Ich habe ein eigenes Konzept für mich und meine Teilnehmer entwickelt, das gut an den Lebensrhythmus der Menschen in Deutschland angepasst ist. Was ich damals als Wasserspringerin nicht wusste, ist, dass ich schon immer Yoga gemacht habe. Im Yoga hast du nur ein anderes Bewusstsein für die Übungen und deinen Körper. Als ich aufgehört habe Leistungssport zu betreiben, habe ich überlegt, was ich machen kann, ohne komplett ‚unfit‘ durchs Leben zu gehen und bin am Ende beim Kravayoga gelandet. Aktuell bin ich gut ausgelastet. Die Erfahrung zeigt mir, dass den Frauen häufig ihre Männer folgen. Vor allem die, die sich zuvor tot gelacht haben, merken schnell, dass der Sport sehr abwechslungsreich ist, sie neu fordert und sie beweglicher werden. Ich habe als Kursteilnehmer unter anderem einen Triathleten, einen ehemaligen Ruderer und Kampfsportler, die begeistert sind.“
Seit 12 Jahren ist Annika mit ihrem Mann verheiratet, der schon vor geraumer Zeit nach Rostock kam. Damals wollte er in Rostock studieren und heute arbeitet er gemeinsam mit seiner Frau in dem Unternehmen SomTxt. Womit wir beim zweiten Standbein angekommen wären. „ Ich bin Teilhaberin der Firma und kümmere mich um die Konzeption. Insgesamt sind wir ein Team von sechs Personen und beschäftigen uns mit Künstlicher Intelligenz kurz KI. Das heißt, wir haben ein Programm entwickelt, das qualitative Textanalyse durchführt und eigenständig weiterlernt. Es sind also Algorithmen, die alle mögliche Dokumente und Texte nach Stichworten durchsuchen. Das besondere ist, dass diese Algorithmen Zusammenhänge erkennen, die wir Menschen gar nicht sehen. Wir wollen zu dem ganzen Thema auch demnächst einen Podcast entwickeln, der sich ganz allgemein mit Netzwerken beschäftigt. Schließlich ist das Ganze ein großes Thema, auch in der Politik. Häufig wird sich dort die Frage gestellt, ob die KI irgendwann die Weltherrschaft übernehmen wird. Und diese Ängste wollen wir durch den Podcast nehmen. Es ist sehr spannend wie künstliche neuronale Netze funktionieren. Nach der Textanalyse soll es bei uns einen Schritt weiter gehen. Wir wollen jetzt auch die Bildbearbeitung mit einbeziehen.“ Die KI von SomTxt beschränkt sich auf bestimmte Bereiche. Somit haben wir eine Entwicklung, wie sie zum Beispiel in dem Film I Robot beschrieben wird, zunächst nicht zu erwarten. Spannend ist natürlich auch wie man vom Turmspringen und Yoga zu künstlichen Intelligenzen kommt. „Ich habe damals studiert und das was mich irgendwann gestört hat, waren die fehlenden Ergebnisse. Ich studierte Englisch, Geschichte und Demographie und habe es nicht beendet, genau aus diesem Grund. Was Lernen angeht bin ich sehr ergebnisorientiert. Wenn ich so überlege, habe ich deswegen diese Hingabe zur neuronalen Netzen. Die spucken alle Nase lang etwas aus.“