Les Enfants Sauvages

Es war wohl einer der letzten warmen Tage in diesem Sommer, als Lena und Marten von Les Enfants Sauvages sich zu mir in das kleine Café Waldenberger in der Rostocker KTV setzten. Das Wochenende steckte ihnen in den Knochen und gemeinsam genossen wir bei einer Tasse Kaffee den sonntäglichen Sing Sang. Mit einem Blick Richtung Himmel konnte ich sogar die jazzigen Melodien ihrer Musik hören: ruhig, entspannt und genau das Richtige, um die Augen zu schließen.

Les Enfants Sauvage@Reiner Nicklas (2)
v.l. Lena, Axel, Amelie und Marten © Reiner Niklas

Seitdem Lena 2016 ihren Abschluss an der Hochschule für Musik und Theater (HMT) in Rostock machte, sind sie und Marten zusammen mit Amelie und Axel eine Band, die sich unter anderem dem Jazz hingiebt. Man hört Ihnen beim Musikspielen gerne zu. „Ich wollte meine Songs für mein Abschlusskonzert gerne mit einer passenden Stimme im Kopf schreiben. Amelie war damals zwei Jahrgänge unter mir an der HMT. Ihre Art zu singen und ihre Bühnenpräsenz haben mich sehr inspiriert und so habe ich sie gefragt“, erzählt Lena über ihre Entstehung. Marten war ein Künstler, mit dem sie gern arbeiten wollte und mit Axel, Schlagzeuger der Band, verbindet sie bis heute eine alte Musiker-Liebe. „Ich wusste nicht, ob das funktioniert. Hat es aber. Und das hat im nächsten Schritt bedeutet, dass man mehr Programm braucht. Direkt nach dem Konzert war ich aber noch nicht soweit. Also hat es nochmal bis 2017 gedauert, bis wir wirklich eine Band waren.“

Ihr Repertoire bestand anfänglich aus mehreren Bearbeitungen bestehender Songs. „Bei eigenen Konzerten spiele ich auch lieber Selbstgeschriebenes, aber im Kontext meines Abschlusskonzertes 2016 hat es mir doch sehr viel Spaß gemacht ein paar persönliche Lieblingslieder zu covern“, kommentiert Marten mit einem Schmunzeln Lenas Vorgehen. Marten hatte sich bei seinem Abschluss-Konzert an Künstler wie der Norwegische Band Jaga Jazzist und Bonobo gewagt. Das Programm von Les Enfants Sauvages ist mittlerweile aber gut mit eigenen Werken gefüllt, sodass sie damit eigene Konzerte füllen können. Hoffen kann man, dass Lena trotzdem am 30. Oktober im Peter-Weiss-Haus den Song „Black Coffe“ von Ella Fitzgerald singen wird, denn jeder, der sie an den Synthies liebt, wird es noch mehr als Sängerin tun.

 

„Ich sehe mich in erster Linie als Instrumentalistin. Ich kam eigentlich zum Singen, weil ich Songs schreiben wollte. Und zwar für andere. Das war aber zu kompliziert. Und so habe ich das Singen einfach selbst ausprobiert“, sagt Lena.

Bis Ende 2019 sollen idealerweise zehn Songs auf CD gepresst werden. „Wir sind gerade am experimentieren. Ob wir es zusammen oder getrennt aufnehmen und mit wem. Schon mit guten Mikros, weil Marten ist ziemlich fit in der Geschichte.“ Könnten Sie sich einen Kandidaten aussuchen, würden sie Moritz vom Studio van Rauschen wählen, erzählt Marten erregt: „Moritz ist mein ‚Besterstudiokumpel‘. Er mastert meine Tracks und hat auch die zwei Loopmilla-Alben gemischt, bei denen ich ja … spiele.“

Ein Titel, der bereits aufgenommen wurde, ist „Hold on“. Sie sagen selbst, dass er radiotauglich wäre und die Instrumente gut von jedem Zuhause aufgenommen werden konnten. Einzig gemischt werden, muss die Liebeserklärung an die Menschenhasser noch. „Es ist spannend, dass genau den Leuten, die einem das Leben schwer machen, ein Song gewidmet wird.“ Lena nippt an ihrem Kaffee und dreht sich beim Reden eine Zigarette. „Hold on“ ist schnell, treibend und spielt mit einem fetten Synthiebass. Einzig das punkige Gitarren-Riff könnte ihre Hörer irritieren. Sind ihre restlichen Songs bis zu diesem Zeitpunkt doch eher melancholisch.

Viel findet sich von Lenas Identität in der Band, so auch ein Schweizer Volkslied. „Meine Mutter hat uns Kindern früher immer ein französisches Chanson vorgesungen. Daran habe ich mich erinnert und wollte es gerne spielen. Habe es aber nie gefunden, nur den Text. So heißen wir jetzt Les Enfants Sauvages und spielen einen Song, der zum Teil Original und zum Teil aus meiner Erinnerung erstellt wurde.“ Das Guggisberglied, das mittlerweile in dem Jugendbuch „Vor Kummer sterbe ich“ verarbeitet wurde und zusammen mit einer CD zu erhalten ist. Darauf sind zwanzig unterschiedliche Interpretationen, unter anderem auch die der Band. „Auf das Lied wurde in der Schweiz mal die Todesstrafe ausgesetzt, weil wenn das Soldaten gesungen haben, haben Sie so doll Heimweh bekommen, dass sie nicht mehr fähig waren, was zu tun und dann wurde es verboten“, erzählt Lena.

Ob sich Les Enfants Sauvages nur eine Lebensabschnittsformation bleiben wird oder zu einem Kollektiv erwächst, wird die Zeit zeigen. Die breitgefächerten Skills der Band sind schon in ihren anderen Projekten (Lena: Nymphatamin, Amelie: All was well, Axel: Olivinn, Marten: Loopmilla) zu hören und finden nun gemeinsam eine gute Harmonie. Zu empfehlen ist also, ihre Konzerte zu besuchen, solange man kann und zu hören, wie sie aus alten Sachen etwas Neues machen und nicht nur sich selbst, sondern auch ihr Publikum inspirieren. „Halbherzig Musik machen, kenn ich gar nicht“, schließt Marten das Interview und verschwindet in das Innere des Cafés, um mit einem befreundeten Musiker einen Plausch zu halten. Lena und ich sitzen noch einen Moment, genießen die Sonne, bevor auch wir in den Sonntag verschwinden.

Besetzung:
Lena Schmidt – Keys, Voc, Komposition
Amelie Olbrich – Voc
Marten Pankow – Guitar, Electronics
Axel Meier – Drums
Gründungsjahr: September 2017
Online: http://www.lesenfantssauvages.de/
Veröffentlichungen:
Angestrebt wird das Jahr 2019 mit einem Album.
Eine gebastelte Live-CD (wird auf den Konzerten vertickt)

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